Vielleicht ist es auch einfach nur der Fluch der verdammten Glückskönigin?

Ni no Kuni: Wrath of the White Witch ist durchaus ein Spiel, dass grafisch überhaupt nicht gealtert ist. Egal, ob man heute noch die "PlayStation 3"-Version in 720p spielt oder eben die neuen Fassungen auf bis zu 4K. Es ist eines dieser Spiele, dessen Alter man gar nicht wirklich ansehen kann.
Dabei hat man sich bei der Erstellung der Grafik und vor allem der Videosequenzen überhaupt keine Kosten und Mühen gescheut, sondern sich kurzerhand Studio Ghibli, bekannt durch unzählige preisgekrönte Animes, für diese gesichert.
Damit ist das Spiel grafisch eigentlich über alle Zweifel erhaben. Leider konnten die Autoren des Spiels nicht mit den Künstlern mithalten. Die Story bewegt sich daher leider nicht auf Ghibli-Level.

Was nicht ganz so geläufig ist, ist die Tatsache, dass Ni no Kuni: Wrath of the White Witch eigentlich "nur" ein erweitertes Remake ist. Japan exklusiv erschien auf dem "Nintendo DS" bereits zuvor Ni no Kuni: Dominion of the Dark Djinn. Im Original ist der Dunkle Dschinn der große Antagonist und der Kampf gegen ihn in der Nimmerburg bildet das große Finale. In meinem Empfinden gelang es leider gar nicht, die große Erweiterung der Handlung wirklich nahtlos an die alte Geschichte anzufügen. Die Weiße Königin verkommt in einem Spiel, was nach ihr benannt ist, eher zu einem Nebencharakter. Der Großteil des Spiels geht es auch in dieser Version nur gegen den Dunklen Dschinn, der auch als Person in der Welt verankert und gefürchtet wird. Die Weiße Königin betritt nach 3/4 des Spiels einfach die Bildfläche.
Ihre gesamte Handlung fühlte sich für mich leider einfach wie das Anhängsel an, was es ursprünglich nun einmal ist.

Ich fange die Kritik bei 3/4 des Spiels an, weil aus meiner Sicht im zunehmenden Spielverlauf immer mehr Schwächen offenbaren.
Das Kampfsystem orientiert sich ein bisschen an Pokémon. In der Welt laufen Viecher herum, die man zähmen kann, um sie im Kampf einzusetzen, wo sie Erfahrung sammeln können, um damit auch neue Fähigkeiten zu erlernen. Mit zunehmender Erfahrung können diese dann auch in neue Formen evolviert werden.
Die erste Schwäche gibt es bereits aus meiner Sicht bei der kompletten Zähm-Mechanik. Die basiert einzig und allein auf Glück. Es gibt halt eine prozentuale Wahrscheinlichkeit, wann ein Viech nach einem Kampf einfach aufgibt, wo es dann gezähmt und dann als so genannter Vertrauter eingesetzt werden kann. Im Gegensatz zum großen Vorbild gibt es aber keine Möglichkeit diese Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, was aus meiner Sicht eine riesige Schwäche in einem Spiel ist, was den Spieler zum "Gotta catch 'em All!" verführen möchte. Gerade weil es ohnehin auch eine Errungenschaft gibt, die darauf abzielt möglichst viele Vertraute in Besitz zu haben.
Interessanterweise hat diese Schwäche erst durch das "Wrath of the White Witch"-Remake Einzug ins Spiel gehalten. Im ursprünglichen Ni no Kuni war die ganze Zähmmechanik flexibler gestaltet. Hat man Wesen mit Angriffen attackiert welche gegen diese besonders effektiv sind, hat man die Wahrscheinlichkeit deutlich gesteigert, dass es sich zähmen ließ. Warum man sich davon getrennt hat, um es nicht nur dem Spieler mühselig wie möglich zu machen, sondern auch das Kampfsystem weniger tief zu gestalten bleibt das Geheimnis der Entwickler.

Hat man das Ende der Story erreicht, schaltet sich der "Abgeschlossenes Spiel"-Modus frei. Man wird zwar in der Story vor die finale Konfrontation gesetzt, hat aber im Zuge dieses Modus zahlreiche neue Nebenaufgaben, wie sogar eine zusätzliche Aufgabenreihe mit Story in der Welt zum spielen.
Ich habe hier "Mastered" angegeben, weil ich die kompletten 100% vom Spiel gemacht habe. Empfehlen tue ich das aber keinem. Macht die Zusatzstory und die dafür nötigen Voraussetzungen in Form von Nebenaufgaben, was durch das nötige Leveln für die durchaus anspruchsvollen Kämpfe sowieso schon genug Zeit verbraucht.
Im "Abgeschlossenes Spiel" tauchen in allen Verliesen auch neue Gegner auf, die ohnehin nicht nur selten auftauchen, sondern auch noch extrem seltene Gegenstände bei sich haben, die man für manche der Nebenaufgaben auch noch braucht. Dort wird es mit dem Glück aus meiner Sicht zu absurd. Eine geringe Wahrscheinlichkeit das die nötigen Gegner auftauchen und dann auch noch eine geringe Wahrscheinlichkeit, dass sie den Gegenstand bei sich haben, den man braucht.
Spätestens an diesem Punkt muss man sich auf mehrere Stunden eintöniger Kämpfe einstellen. Dabei ist das Spiel ohnehin vom Gameplay ziemlich eintönig, weil es zu weiten Teilen immer aus ähnlich ablaufenden Kämpfen besteht.

Spart man sich das ganze und konzentriert sich nur auf die Story und der später verfügbaren Bonusgeschichte, dann hat man nur mit dem Leveln der Vertrauten zu tun und kann sich hier durchaus zumindest einen halben weiteren Stern hinzudenken.
Größtes Problem für mich ist aber einfach das eintönige Gameplay und das es aus meiner Sicht total ohne Not für den Spieler mühselig und in die Länge gezogen wird je mehr er bereit ist, im Spiel machen zu wollen.
Hätte aus meiner Sicht vollkommen gereicht das Glückspiel auf das Casino im Spiel zu beschränken, statt viele andere Elemente im Spiel, auch noch zum puren Glück verkommen zu lassen.

Denn eigentlich schlummert in Ni no Kuni: Wrath of the White Witch Remastered durchaus ein gutes Spiel. Die Grafik ist wie erwähnt hervorragend. Der Soundtrack ist es eigentlich auch. Auch wenn der Dark Djinn zu White Witch Übergang für mich nicht gut gelungen ist, es gibt auch durchaus Aspekte an der Handlung, die gut gemacht sind. Auch mag ich durchaus die verschiedensten Charaktere im Spiel.
Erwähnenswert ist für mich aber auch ganz besonders der Magische Begleiter, der als Buch im Spiel eine überragende Welterzeugung bietet. Es lohnt sich wirklich in diesem zu schmökern, weil er mir nicht nur die Welt mit seinen Gebieten und so näher bringt, sondern auch abseits von Lektüre durchaus praktische Anwendung findet. Beispielsweise gibt es auch Aufgaben, die sich einfach damit beschäftigen, im Buch etwas bestimmtes zu lesen um damit Rätsel zu lösen. Oder man muss anhand des Buches Schriftzeichen händisch übersetzen. Oder nicht zuletzt die ganzen netten Märchen, die in diesem Buch niedergeschrieben sind. Auch Details, dass man durch Nachschlagen im Buch bereits Rezepte kochen kann, bevor man sie zur Schnellauswahl von Leuten erhält, finde ich ein nettes Detail.

Habe erst im Laufe des Spiels mich auf die "Gotta catch 'em All!"-Sache eingelassen und damit tatsächlich viel Zeit verschwendet, was ich für Vertraute hätte nutzen können. Dazu auch manchmal schlicht am falschen Ort für effektives Leveln gewesen. Am Ende stehe ich jetzt bei über 170 Stunden für 100%. Mit mehr Glück hätte selbst ich nicht einmal 120 gebraucht. Allgemein halte ich mit einer besseren Vorgehensweise auch eine Spielzeit von unter 100 Stunden für 100% möglich.

Das Spiel wurde vollständig auf Twitch gespielt und steht als VOD auf YouTube zur Verfügung.

Reviewed on Mar 16, 2024


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